Ihre Liebe zu Sprachen und ihr Interesse an Menschen führten sie bis nach China. Das Fremde und kulturelle Unterschieden faszinieren sie. Die gebürtige Dänin sieht in Österreich ein eher maskulines Land, an dem sie besonders die kulturellen Möglichkeiten schätzt. Als Therapeutin vertritt sie ein positives Menschenbild.
Liebe zu Fremdsprachen
Uschi: Du arbeitest zur Zeit unter anderem als Psychotherapeutin, Supervisorin, hältst Workshops und Vorträge und bist Lektorin an der Universität - dabei hast du auch eine zurückhaltende, fast schüchterne Seite - wie geht das zusammen?
Sonja: Ja, ich bin zurückhaltend und schüchtern, aber das ist ja nichts Inhaltliches. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich etwas zu sagen habe, dann kann ich das auch und dann macht es mir auch Spaß.
Uschi: Die Liebe zu Sprachen hat dein Leben schon recht früh bestimmt. Du hast Englisch und Französisch studiert und bist dazu auch ein Jahr nach Frankreich gegangen. Du hast dort an der Sorbonne studiert. War das prägend für dich?
Sonja: Das war eine ganz neue Welt, ich habe diese Sprache sehr geliebt und war fasziniert von den Sprachblumen. Ich war als Au-Pair bei einer Lehrerin, die meine Liebe zu Französisch sehr gefördert hat, weil sie mein Interesse gespürt hat. Vor kurzem habe ich einen französischen Film gesehen, der im intellektuellen Milieu in Frankreich spielt, und ich habe gespürt: In diesem Film wird die Sprache so gesprochen, wie ich sie gelernt habe, sehr elegant. Ich komme ja nicht aus der Oberklasse, aber ich habe sozusagen „Oberklassen-Französisch“ gelernt. So kann Sprache also einen Menschen verändern.
Uschi: In Frankreich hast du einen Mann kennen gelernt, aber du bist nicht nur der Liebe willen zu ihm nach Sacramento in die USA gegangen.
Sonja: Ich wollte diese Welt kennenlernen. Wäre da diese Neugierde nicht gewesen, wäre die Liebe vielleicht eingeschlafen, so etwas hat man ja in der Hand. Ich hätte ja sagen können, das ist alles ganz schön, aber ich bleibe in Dänemark. Ich weiß nicht, was gewesen wäre, wenn er aus einem Land gekommen wäre, das für mich uninteressant ist.
Sonja Holm
Geboren 1967 in Esbjerg, Dänemark
Sprachstudium Englisch u. Französisch, Southern Denmark Business School
und Université La Sorbonne, Paris, Frankreich
Bachelor of Business Administration, University of Texas at Austin, USA
Master of Science in Finance and Management,Texas A&M University, USA
Internationales Magisterium der BWL, Organisation und Finanzierung, Johannes Kepler Universität
Studium der Hochchinesischen Sprache. BLCU University, Peking, China
Seit 2009 Lehrbeauftrage für interkulturelles Managment an der Johannes Kepler Universität, Linz
Seit 2011 als Personzentrierte Psychotherapeutin und Supervisorin, eingetragen in der Psychotherapeutenliste des Bundesministeriums für Gesundheit seit 2011
Sonja ist verheiratet und lebt in Linz
Veröffentlichungen: Erzählung „Die Welt ohne mich“, Business-Poetry „Wo sind die Besserwisser wenn man sie braucht“, Downloadroman „Labyrinternes yerdste mur“
Vor Menschen sprechen
In Sacramento studierte Sonja an einem Junior College. Dort musste sie einen Kurs besuchen, in dem sie lernte, Reden zu halten. Das war enorm wichtig für sie.
Sonja: Ich hatte da eine große Hemmschwelle. Nach meiner ersten Rede mussten mir die anderen Kursteilnehmer Rückmeldungen schreiben. Da stand dann überall: „Smile!“ Das war sehr schwierig, eine Herausforderung. Aber ich wollte es und habe es dann durchgezogen. Ich wusste, dass das meine Chance ist, denn in Dänemark kann man auch als zurückhaltender Mensch gut sein, aber in Amerika musst du einfach vor Menschen sprechen können. Und darum gibt es dort eben die Möglichkeit das zu lernen.
Uschi: Der Kurs hat dich dann auch weitergebracht.
Sonja: Dieses Junior College war super für mich. Das war ein tolles Jahr, mir hat die Konfrontation mit dieser amerikanischen Art sehr gut getan. Wenn du dich dort bemühst, dann gibt es positive Rückmeldungen. Und in diesem kleinen Rahmen hat das wirklich gut funktioniert. In den USA ist es ja generell so, dass es für gute Leistungen Rückmeldungen gibt und dieses kleine College war so etwas wie ein Trainingscamp.
Ein bisschen zickzack
Von Kalifornien wechselte Sonja nach Texas um dort Wirtschaft zu studieren. Im Alter von 26 Jahren ging sie im Rahmen eines Austauschstudiums nach Österreich, nach Linz.
Sonja: Ich hatte in der Schule schon Deutsch gehabt, aber diese Sprache nie besonders gemocht. Ich kannte die Grundstrukturen, aber konnte nicht wirklich gut sprechen. Da ich gerne zurück nach Europa wollte, dachte ich, dass Deutsch zu lernen spannend sein könnte und probierte es.
Um Geld zu verdienen arbeitete Sonja bei einer Firma, die Werbemittel und Flugblätter verteilte, hörte den Beratern beim Telefonieren zu und beteiligte sich am Bürotratsch um Deutsch zu lernen.
Uschi:Du findest überall einen Weg, etwas zu lernen.
Sonja: Ja, das stimmt. Es gibt ja überall etwas zu lernen. Das hängt natürlich auch von dem Weg ab, den ich gegangen bin. Ein bisschen zickzack und nicht so zielstrebig.
Existenzängste
Zurück in den USA schloss Sonja ihr Wirtschaftsstudium ab und ging dann wieder zurück nach Linz. Sie unterrichtete Englisch, arbeitete kurz an der Uni an einem Forschungsprojekt und war dann ratlos, wie es weitergehen sollte.
Sonja: Das war ziemlich unangenehm. Ich hatte viel gelernt, aber keine große Aussicht auf Umsetzung des Erlernten und wusste auch nicht genau, was ich eigentlich wollte.
Uschi: Hattest du Existenzängste?
Sonja: Die hatte ich auf meinem Weg eigentlich ständig. Ich hatte mir alles selbst finanziert, neben der Uni gearbeitet, und es war immer knapp, sehr knapp.
Uschi: Dann warst du in einem letztlich fremden Land, ohne Job, ohne Jobaussichten, warst du da auch verzweifelt?
Sonja: Ja schon, ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte. In den USA wird man ja sehr darauf gedrillt, dass man aus dem Studium etwas macht. Ich habe unzählige Bewerbungen geschrieben, sehr viele Absagen erhalten.
Schließlich fand Sonja in einem für sie völlig neuen Bereich Arbeit. Sie begann bei einer IT-Firma, wo sie als SAP-Beraterin ausgebildet wurde. Sie blieb schließlich drei Jahre in diesem Unternehmen.
Sonja: Das war schon eine Herausforderung, weil diese Computerwelt für mich wirklich neu und ich dafür nicht besonders talentiert war. Ich habe mich bemüht und habe das dann gemacht, auch wenn sich gezeigt hat, dass ich nicht der große Profi in diesem Beruf werden würde.
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